Im Herzen des Piemont

Angekommen in der wunderschönen Stadt Acqui Terme nahmen wir nach der langen Fahrt und zur Begrüssung erstmal ein Apéro. Zum einander Kennenlernen brauchte es schon etwas mehr (um genauer zu sein, ein fast dreistündiges Mittagessen) bevor es dann zur Besichtigung des ersten Weinguts ging. Wer trinkt, braucht schliesslich guten Boden! 😉 Und so fuhren wir am späteren Nachmittag in das nicht weit entfernte Castel Boglione, das im Herzen des Monferrato, nahe der Stadt Nizza Monferrato liegt.

Cascina Garitina hiess unser erstes Ziel. Dieses Weingut wurde im Jahr 1900 gegründet und heute von Gianluca Morino in der vierten Generation geführt. Auf einer Fläche von rund 25 Hektar Land gedeihen Trauben, deren Saft 188’000 Liter Wein pro Jahr ergeben. Bevor wir aber das Herzstück des Weinguts betreten und die Betriebsabläufe sehen durften, nahm uns Alessandra auf einen Rundgang durch die Rebberge mit – wo so manch einer ganz froh über den Verdauungsspaziergang war. Die Sicht auf die französischen Alpen war grandios und die Nachmittagssonne wärmte uns den Rücken und verwandelte die Rebberge in einen einzig leuchtenden Teppich der in rot, braun und orange erschien. Nun erst recht waren alle auf die Weinverkostung gespannt. Von Dolcetto, Barbera, Merlot, Pinot Nero bis hin zum Moscato, Passito und Grappa war alles dabei. Nicht zu vergessen all die feinen regionalen Köstlichkeiten, welche uns dazu aufgetischt wurden.

Wieder zurück in Acqui Terme ging es gleich mit einem Spaziergang durch die schmalen Gassen zur Piazza della Bollente weiter. Schliesslich wer in Acqui Terme ist, sollte nicht ohne die Thermalquelle (74.5°C heisses Wasser) gesehen zu haben wieder nach Hause fahren. Und so liessen wir den ersten Tag mit einem wunderbaren Abendessen in einem ehemaligen Kloster und vielen Eindrücken ausklingen, bevor wir alle müde ins Bett fielen.

Am zweiten Tag besuchten wir Silvia & Carlo Galliano, deren Weinkellerei am 25. Juli letzten Jahres das 30-jährige Firmenjubiläum feierte und hoch oben im kleinen, beschaulichen Dörfchen Loazzolo mit fantastischer Sicht auf das Valle Bormida liegt. Die beiden sind einer der wenigen Winzer, welche sich ausschliesslich der Herstellung von Spumante, Weiss- und Süsswein widmen. Ganze 60% (der 21 Hektar Rebfläche) werden für den beliebten Apéro- und Dessertwein Moscato verwendet, dessen Abnehmer grösstenteils Europa, Nordamerika und Asien sind. Eine weitere Besonderheit von Borgo Maragliano ist sicherlich auch die Herstellung von Spumante nach dem klassisch, traditionell französischen Verfahren „Méthode Champenoise“.

Nach der Tankgärung (1. Gärung) wird der Basis – Spumante zusammen mit Zucker und Hefe in die Flasche gefüllt. Wobei sich der Zucker mit Hilfe der Hefe in Kohlensäure und Alkohol umwandelt (2. Gärung). Verschlossen werden die Flaschen, ähnlich wie beim Bier, mit einem Kronkorken. Sobald der Spumante einen Druck von 6 bar erreicht, wird die Gärung mit einer Temperaturabsenkung auf 0°C gestoppt. Damit die Hefe, welche sich bis dahin nicht vollständig auflösen kann in den Flaschenhals gelangt, werden die Flaschen Kopfüber in eine Gitterbox gestellt und maschinell alle 2 – 3 Tage gedreht. Anschliessend wird der Flaschenhals in einem Eisbad schockgefroren damit der Kronkorken entfernt, die Heferesten vom Druck herausgeschleudert und die Flasche mit Naturkorken, Drahtnetz und Folie versehen werden kann. Währen dem ganzen Herstellungsprozess und auch danach, ist die Glasflasche einem enormen Druck ausgesetzt. Deshalb verwendet man beim Spumante (anders als wie beim Rot- und Weisswein) Flaschen, deren Boden eine starke Wölbung gegen innen haben und die Glasdichte massiver ist.

Nach so vielen Informationen durften wir natürlich alle diese Weine degustieren. Dabei verging die Zeit wie im Flug und schon ging es weiter, zum dritten und somit zum letzten Weingut – Isolabella della Croce.

Isolabella ist ein Weingut dessen Rebberge sich auf einer Höhe zwischen 150 – 250 und 480 – 540 m.ü.M. erstrecken. In den tiefen, zur Sommerzeit sehr heissen Lagen wachsen Trauben aus denen kräftige Barbera entstehen. Weiter oben wo der Wind mit einer frischen Brise die Hügel kühlt, reifen Chardonnay, Pinot Nero und Sauvignon Blanc. 85% der Rebfläche muss von Hand gepflegt und auch geerntet werden. Zu steil und zu schmal ist es zwischen den einzelnen Gängen und somit für Maschinen unzugänglich. Dies konnten wir auf dem Spaziergang gleich selber sehen und ich denke nicht, dass es am Spumante lag der uns vom Morgen noch in den Beinen juckte;-) Bei der Weinverkostung wurden wir dann mit allen guten Sachen was das Piemont so hergibt überrascht. Lardo, Pancetta, Peperoni con bagna cauda, Vitello Tonnato, Lasagne und, und, und…. Ich glaube ich spreche für alle wenn ich sage „Das Beste kommt zum Schluss“ und das war es allemal! Doch nicht genug. Wie die meisten von euch vielleicht wissen, ist diese Region in der wir uns seit zwei Tagen befinden, bekannt für den Robiola di Roccaverano – den Ziegenkäse. Und natürlich wollten wir dies unseren Gästen nicht vorenthalten, also besuchten wir Matteo Marconi und seine Familie.

Gerade eben noch an einer Weinverkostung und schon stehen wir inmitten 180 Ziegen. Matteo Marconi ist einer der 15 Ziegenkäsehersteller, dessen Käse mit dem DOP-Siegel versehen ist. (DOP ist ein italienisches Siegel für Produkte mit geschützter Herkunftsbezeichnung). Zweimal täglich werden die Ziegen gemolken, wobei nur jeweils morgens die Rohmilch (ohne zu pasteurisieren) weiterverarbeitet wird. Die Leistung einer Ziege liegt durchschnittlich bei 2.5 – 3.0 Liter Milch pro Tag. Bei 180 Ziegen ergeben dies ca. 20‘000 Käselaibe à 300gr pro Jahr, deren Abnehmer Restaurants sowie Lebensmittelläden in den umliegenden Dörfern sind. Bis es so weit ist, reifen die Käselaibe in einem dafür entsprechend temperierten Raum. Dies kann von 3 Tagen bis 3 Monate dauern. Je länger der Käse gelagert und gepflegt wird, desto würziger und intensiver sein Geschmack und umso harter und brüchiger seine Konsistenz.

Wir degustierten 3 Tage, 14 Tage (Rinde leicht gelblich) und 90 Tage (Rinde bräunlich) alten Käse. Und ähnlich wie beim Wein, versuchten wir diesen erst nach der Farbe, der Konsistenz und dem Geschmack zu bewerten.

Liebe Leser,
Wir sind am Ende unserer Piemont Reise obwohl es noch so einiges gäbe, wovon ich Euch gerne berichten würde.
Es sei nur so viel verraten, nach der Käsedegustation war noch lange nicht Schluss! 😉

Vorschau Reiseprogramm 2018

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