Was gibt es Schöneres als draussen in der Natur zu sein, vor allem zu dieser Jahreszeit. In vielen Gemeinden um uns herum begann etwas später als sonst, aufgrund der vorangegangenen Regenfälle, am 1. September die Vendemmia. Auch wir tauschten für kurze Zeit Bürostuhl & Vinothek, gegen Rebschere & Rebberg. Und über dieses tolle Erlebnis möchte ich Euch berichten.
Es ist Sonntag, morgens um halb sieben. Das Thermometer schleicht sich bereits schon auf milde 18 Grad und auf der Piazza herrscht Hochkonjunktur. Rasch noch einen Caffè und eine Focaccia, dann geht’s an die Arbeit. Mit der Lambretta und dem dreirädrigen Piaggio fahren wir in den nicht weit entfernten Rebberg hinauf. Hier im Monferrato Gebiet, rund um die Stadt Canelli, gedeihen besonders zuckerreiche Trauben, welche zu einem erfrischenden Apéro- und Dessertwein verarbeitet werden und ist das Mekka von Moscato, Bracchetto und dem Asti Spumante. Und diese Trauben gilt es, in den nächsten Tagen zu ernten.
Wir sind 16 Helfer. Die einen kenne ich aus vergangener Ernte, die anderen lernt man innert Kürze kennen und jene vom Dorf, sind mir schon längst bekannt. Alles was wir brauchen sind Handschuhe und Rebschere, dann legen wir los. Behutsam jedoch zügig, entnehmen wir die Trauben dem Rebstock und legen sie eine Kiste. Die letzten Sommertage gaben dem Fruchtfleisch nochmals so richtig Kraft, um an Aroma und Zucker zu gewinnen. Und der Ertrag ist beachtlich, wenn ich durch die mit Trauben vollbehangenen Gassen schau.
Traube für Traube, Stock für Stock und dies steht’s bei herrlichem Blick auf die umliegenden Rebberge, arbeiten wir uns bei mittlerweile 30 Grad dem Tagesziel entgegen. Schatten sucht man hier vergebens. Da kommt es ganz gelegen, dass der Rebberg nicht all zu steil terrassiert ist, sodass der Cingoli problemlos bei leichtem Gefälle in den Gasse fahren kann, und uns somit einen langen Weg zum Entleeren der Kisten erspart. Froh darüber sind wir aber alle, wenn eine Gasse mehr zu Ende geht und ein kühler Schluck Wasser zur Pause lädt. Und ist die Arbeit vollbracht, so kehrt – wortwörtlich – Leben in die Nacht. Denn dann treffen sich alle in der Bar auf ein Glas Wein und Morgen bricht die harte Arbeit wieder von vorne… 😉
Dies sind wohl die einzigen Wochen im Jahr, an denen nicht an das «dolce far niente» zu denken ist. Trotzdem, wir haben viel zusammen gelacht, gesungen und immer wieder heimlich Trauben genascht. Einfach herrlich diese Vendemmia!